17. November 2025
Die Wirtschaft ist dieser Tage an allen Ecken und Enden ein Thema, aber nicht in positivem Sinne. Beispielsweise war da dieser Bericht über ein Startup, das einen fortschrittlichen Elektrolyseur für Wasserstoff baut. Das System ist fertig zur Verwendung, kann einfach in einem Container irgendwo hingestellt werden und loslaufen, aber die Aufträge bleiben aus.
Anstatt an dieser Stelle zu arbeiten und dem Unternehmen zu Aufträgen zu verhelfen, hat diese Woche die Regierung beschlossen, zum 1. Juli 2026 die Ticketsteuer im Luftverkehr zu senken. Was könnte irritierender sein als diese Maßnahme? Zielsichere Wirtschaftshilfe sieht anders aus.
Die Tagesschau meldet hierzu heute im Rahmen der Klimakonferenz COP30 in Brasilien, dass nach Angaben der »Premium Flyers Solidarity Coalition« nur ein Prozent der Weltbevölkerung für mehr als die Hälfte der klimaschädlichen Treibhausgasemissionen der kommerziellen Luftfahrt verantwortlich ist. Ein Sprecher des Bundesumweltministeriums von Carsten Schneider sagte laut Tagesschau dem Spiegel: "Jeder, der First Class oder im Privatflieger unterwegs ist, wird ohne Probleme darauf eine Abgabe zahlen können."
Zu dieser Erkenntnis braucht es zwar nicht das Bundesumweltministerium, zeigt aber, dass selbst, wenn solche Erkenntnisse aus der eigenen Regierung kommen, sie bislang nicht zu folgerichtigem Handeln führen. Zur Forderung einer Sonderabgabe für Luxusflüge braucht es dann Franzosen und Spanier. Wobei die aktuell geforderte Abgabe dem Planeten überhaupt nicht hülfe, da Reiche das aus der Portokasse zahlten und unbeirrt weiter massiv zur Verschlechterung des Klimas beitrügen.
Es braucht strafbewehrte Verbote. Dazu höre ich dann sofort die Lobby der Flugunternehmen, wie geschäftsschädigend das sei, insbesondere, wenn solche Verbote einseitig nur einzelne Länder erlassen, während andere Länder damit einen Vorteil erhalten. Daraufhin erkennt die Politik dankbar, dass es natürlich nur auf europäischer oder sogar weltweiter Ebene beschlossen werden kann und alle warten darauf, dass das passiert, während sie auf die Langsamkeit der jeweiligen nationalen und internationalen Verfahren schimpfen. Am Ende bleibt alles wie es ist.
Die beste Lösung wären Flugzeuge, die mit Solarstrom oder Wasserstoff fliegen. Vielleicht werden dereinst unsere Nachfahren das haben.
Bis dahin ist ohnmächtig fassungsloses Kopfschütteln eine Geste, die nicht ansatzweise imstande ist, die eigene Gefühlslage ob solch massiver Fehlstellungen auszudrücken.
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Fliegen steht bei uns schon lange nicht mehr auf dem Programm. Würde es auch nicht, wenn wir reich wären. Viel zu unbequem. Wir sind im vergangenen Jahr stattdessen mit dem Bus nach Stockholm gereist. Genauer: Mit dem VW-Bus-Camper. Mit einem Zwischenstopp in Kopenhagen. Das hat zwar länger gedauert, war aber in vielerlei Hinsicht derart schöner, dass wir es nicht für einen Flug mit dem Privatjet tauschen würden.
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Wäre ich noch auf Social Media unterwegs, hätte ich wohl dort die hier gezeigte Aufnahme gepostet und nicht nur auf den eigenen Fotoseiten. Mein Benutzerkonto auf flickr verzeichnet unterdessen nur noch sehr rare Aktivität. Vor einer Woche hat es mal gebimmelt, weil jemand mich in seine Kontakte aufnahm. Derjenige hat dreizehntausend »Follower« und folgt selbst dreitausend anderen Teilnehmern. Wie will jemand mit so vielen Kontakten einen echten Austausch pflegen?
Heute hat das Ding nach einer Woche Funkstille wieder mal gebimmelt und mir einen »Like« von einem meiner Kontakte gemeldet. Nicht, dass ich darauf aus wäre, freut mich freilich jedesmal, wenn jemand eines meiner Fotos mag. Allein, wer weiß schon, ob es so ist. Oft kommentieren oder »liken« Andere nur, um im Gegenzug eine Reaktion auf ihre Fotos zu erhalten.
Derlei »tit for tat« ist Zeitverschwendung. Ich habe mein Benutzerkonto auf flickr, um gelegentlich einen Zugang zu anderen Fotografierenden zu haben, was mitunter für Inspiration sorgen kann. Viel tut sich da aber nicht, bestimmmt sind die Allermeisten wo ich nicht teilnehme: Auf Instagram oder sonstwo. Es lässt sich denken, auf flickr oder Instagram mehr eigene Fotos hochzuladen, um mit den permanenten Aktivitäten eine größere Zahl an Betrachtern zu erreichen und so nach und nach ein großes Publikum zu finden.
Aber so funktioniert das nicht. Für ein großes Publikum auf Social Media muss man mit Fotografien den Geschmack der Massen treffen, Stereotype bedienen, bereits etablierte Trends und Stile nachahmen oder eine der vielen Formen des »Eye Candy« in den Bildern einbauen. Also im Grunde alles machen, was einer authentischen, ehrlichen, eigenen Fotografie abträglich ist.
Social Media ist daher für eigene Bilder, die diese Zuschreibung verdienen, ein Rohrkrepierer.
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»Gepostet«. Gibt es das Wort eigentlich? Ein Anglizismus für »etwas hochgeladen« oder auch »einen Beitrag geschrieben und öffentlich im Internet bereitgestellt«, der keine Entsprechung im deutschen Sprachgebrauch hat. Hochladen trifft es vielleicht noch am ehesten, aber auch nicht so richtig. Nur so ein Gedanke.
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Ein anderer Gedanke geht in Richtung bestimmter Stadtansichten, wie sie in der hier gezeigten Aufnahme zu sehen sind. Sie lassen staunen, suchen mit Sorgfalt ihre Atmosphäre und Ausstrahlung im Bild transportiert zu bekommen. Auf den Fotoseiten ist ihnen der Bereich stadt zugedacht.
Das ist eine Online-Betätigung, die mehr Freude bereitet: Die Pflege eigener Internetseiten für die Präsentation eigener Fotografien.
Sie kostet Aufwand, Zeit und Hinwendung. Das Maß dieses Aufwands ist unter dem Strich aber geringer als die Zeit, die wir auf »Social Media« verschwenden. Letztlich sind Social Media und selbst das Fotografieren doch nur Schall und Rauch. Letzteres dient meinem Bedürfnis, hin und wieder einen eigenen Blick auf die Welt festzuhalten und dabei zu versuchen, das Bildergebnis zu dem zu machen, was meinen Wünschen, Empfindungen und Wahrnehmungen am ehesten entspricht.
Welche Aufnahmen nach einiger Zeit den Test bestehen, landen schließlich auf den Fotoseiten und das war es dann auch schon.
Bild: Stockholm, Juni 2024
Summicron-M 28, Kodak Portra 160
© Ulrich Hilger
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