Systemversagen

18. März 2019

 

foto Die Berichterstattung zum Absturz einer Boeing 737 Max der Ethiopian Airlines nimmt kein Ende.

Offenbar hat eine Automatik namens MCAS das Signal eines Sensors zum Anlass genommen, eine Fluglage zu berichtigen, die so nicht vorlag. Eine Überprüfung des Signals mit Hilfe des zu diesem Zweck eigens verbauten zweiten Sensor fand nicht statt oder lieferte nicht das richtige Ergebnis. Die Automatik brachte das Flugzeug auf der Grundlage ungeprüfter und falscher Sensordaten zum Absturz und übersteuerte dabei sogar die Versuche der Piloten, gegenzusteuern.

Ein gruseliges Szenario falls sich bewahrheiten sollte, dass eine Automatik verrückt spielte und die Piloten trotz aller Gegenmaßnahmen hilflos zusehen mussten.

Eines blieben indes alle Berichte schuldig, die ich zum Thema bislang las: Wie läßt sich die Automatik abschalten? Sollte nicht ein angehender Pilot dieses Flugzeugs, verantwortlich nicht nur für das eigene Leben sondern auch das aller Menschen an Bord diese Frage stellen, wenn im Rahmen der Schulung das MCAS vorgestellt wird?

Nun, leider hat Boeing nicht nur darauf verzichtet, die Piloten entsprechend zu schulen. Ein Hinweis auf das MCAS fehlte gleich ganz in der Bedienungsanleitung und der Schulung. Der Hersteller hat nicht nur verschwiegen, dass dieses System hinzugekommen war, Boeing hat obendrein behauptet, dass sich die Boeing 737 Max nicht von ihrem Vorgängermodell unterscheidet. Die Piloten wussten weder von dem System, noch wie es arbeitet, noch wie es bedient wird oder abzuschalten ist.

MCAS, so läßt sich jetzt im Nachhinein lesen, ist bei der Boeing 737 Max aktiv, wenn der Autopilot ausgeschaltet ist, also auch beim Start. Wenn ich mir die Situation eines Starts aus der Sicht des Piloten vor Augen führe und denke, dass die Nase des Flugzeugs plötzlich gegen meine eigenen Steuersignale automatisch nach unten gedrückt wird während augenscheinlich keine zu steile Fluglage anliegt, würde ich als Pilot den Knopf mit der Aufschrift "MCAS off" drücken wollen um das zu unterbinden. Ähnlich wie bei einem Autopiloten, der in die falsche Richtung steuert.

Wo also ist dieser Knopf? Irgendwo las ich sogar, dass zum Abschalten des Systems kein Schalter existiert und zur Deaktivierung angeblich eine Sicherung entfernt werden muss. Eine Abschaltung wäre nur bei einer Fehlfunktion erforderlich. Gerade dann und insbesondere in der kritischen Phase des Starts ist wohl kaum hilfreich, wenn überspitzt formuliert der Pilot unter dem Sitz nach dem Sicherungskasten suchen muss während das MCAS im Begriff ist, das Flugzeug in den Boden zu rammen. 

Jedes Mal, wenn ich wieder einen Bericht zum Thema aufgetischt bekomme warte ich darauf, ob endlich diese Fragen erörtert werden und wie die Antworten lauten. So ging es mir schon beim Absturz der Maschine von Lion Air und ich dachte wegen des Ausbleibens weiterer Berichte seither, dass man den "Aus-Knopf" längst gefunden hat.

Unklar, wie das angesichts des massiven öffentlichen Interesses die ganze Zeit außer Acht bleiben kann.

Das Thema weiter fassend: Wenn nicht abschaltbar, wozu muss eine solche Automatik zwingend sein? Wenn MCAS absichtlich nicht abschaltbar verbaut ist legt es den Schluss nahe, dass die 737 Max eine gefährliche Aerodynamik besitzt, die vom Piloten allein nicht kontrolliert werden kann. Wenn das zutrifft, hätte die 737 Max nie in Dienst gehen dürften.

Allen Autoren weiterer Berichte zum Thema seien daher die wesentlichen Fragen nochmals in der Übersicht gezeigt:

  • Wie läßt sich MCAS abschalten?
  • Warum kann man bei diesem Flugzeugtyp nicht auf MCAS verzichten?

Sie lassen sich von Boeing ganz einfach und sofort beantworten. Bei dieser Gelgenheit darf dann Boeing auch gleich begründen, warum derart wichtige Informationen zur 737 Max verschwiegen, ja sogar mit irreführenden Angaben verschleiert wurden. Ohne diese Antworten müssen für mich keine weiteren Berichte sein während eine Klärung nunmehr freilich dringendst geboten ist.





 

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