Mac und iPhone ohne iCloud.
Wem Datensouveränität und Unabhängigkeit wichtig sind, sollte um die iCloud einen Bogen machen. In diesem Beitrag wird am Beispiel Mac und iPhone betrachtet, wie Daten und Apps unabhängig von proprietären Angeboten und frei von den daraus entstehenden Abhängigkeiten bleiben.
Synchronisierung
iPhone und Mac. Eine starke Kombination, die erst mit der Synchronisierung über Geräte hinweg so richtig Nutzen stiftet. Inhalte und Änderungen von Daten eines Gerät sind damit auf allen Geräten gleichermaßen präsent. Das ist nur einen Knopfdruck entfernt, danach ist alles über die iCloud miteinander verbunden und funktioniert sicher, wie geschmiert aus einem Guss.
Was aber, wenn nach langer Zeit der Linux-Nutzung keine Lust besteht, selbst erarbeitete Freiheit für die zweifellos famose Hardware eines MacBook aufzugeben?
Apple wirbt damit, dass niemand auf die Daten der Nutzer zugreifen könne, noch nicht einmal Apple selbst. Dennoch landen die persönlichen Daten auf Servern irgendwo in der Welt, wo sie der Kontrolle ihrer Eigentümer entzogen sind [5].
Diesem Kontrollverlust gilt es abzuhelfen ohne die Synchroniserungsfunktionen und deren Vorteile einzubüßen.
Datensouveränität
Zugegeben, es kostet einige Überwindung, in die so mühelos funktionierende Integration der Apple-Apps einzugreifen. Um die Kontrolle über eigene Daten zu behalten, muss jedoch deren Abfluß in die iCloud entgegengewirkt werden.
Mit 'Kontrolle über eigene Daten behalten' ist gemeint, nicht ohne die Möglichkeit der Sebstbestimmung deren Verbleib zu regeln. Natürlich ist es sicherer, Daten gar nicht erst entstehen zu lassen und einmal vorliegende Daten gar nicht erst an Dritte herauszugeben, das ist klar.
Aber es muss auch möglich sein, Regeln zu finden, in deren Rahmen ein Dienstleister Daten von Nutzern quasi treuhänderisch verwaltet, ohne, dass einzelne Beteiligte allein aufgrund ihrer Größe oder Marktposition einseitig diese Regeln vorgeben.
So sollten Nutzer mit entsprechenden Vereinbarungen beispielsweise sicherstellen können, dass ihre Daten ihr eigenes Land nicht verlassen und also jene Daten ausschließlich im Einklang mit den Gesetzen dieses Landes gespeichert und verarbeitet werden.
Apps von Apple
Die Plattform von Apple ist geprägt von Apps, die unabhängig vom Gerät gleichartig funktionieren und Funktionen beinhalten, die die Arbeit über Geräte hinweg erleichtern. Zudem sind sie auf iOS und macOS abgestimmt. Hardware, Software und Betriebssystem sind Teil eines Ganzen und sollten nicht leichtfertig auseinandergerissen werden.
Deshalb ist in diesem Beitrag das Ziel, mit den Apps von Apple weiterarbeiten zu können, wenn es geht. Freilich kann dennoch jederzeit Software von Dritten vorgezogen werden.
Datenkontrolle
Um die Kontrolle über die eigenen Daten ausüben zu können, werden sie nach der Art unterteilt, wie sie auf dem Mac und dem iPhone gespeichert sind.
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Mail, Kalender, Aufgaben, Kontakte
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Dokumente, Daten
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Notizen
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Tabellen, Text
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Fotos
Von der Art der Daten hängt ab, welche Hilfsmittel und Konfigurationen es zur Kontrolle braucht. Nachfolgend eine Betrachtung mit der zur Art der Daten passenden Behandlung. Im Vordergrund steht dabei stets, die Synchronisierung und die Verwendbarkeit der Apps von Apple beizubehalten, wo es geht.
Mail, Kalender, Aufgaben, Kontakte
Vermutlich jeder hat heutzutage eine E-Mail-Adresse. Die eigene Domain ist dafür besonders nützlich: Eine Adresse wie vorname@nachname.de
ist nun einmal wohlklingender als fred-3749@googlemail.com
. Eine solche E-Mail-Adresse mit eigener Domain [14] ist für sehr kleines Geld bei E-Mail- und Domain-Hosting-Providern zu haben und erspart den Betrieb eines eigenen E-Mail-Servers.
Darüber kann - abhängig vom Anbieter - auch die Synchronisierung von Kalender, Aufgaben und Kontakten erfolgen (Stichwort: CalDAV [10] und CardDAV [11]).
Mit einer eigenen Domain und den erwähnten Funktionen können die Apps Mail, Kalender, Erinnerungen und Kontakte auf Mac und iPhone weitergenutzt werden. In den Einstellungen jeder App wird lediglich der eigene Mail-Account und dessen Synchronisierungsfunktion aktiviert. Schon kann die iCloud für diese Apps abgeklemmt werden und die Synchroniserung zwischen Mac und iPhone läuft nur noch über die eigene Domain.
- Aufgepasst
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Ein derartiges Domain-Hosting sollte gegen Geld klar vereinbarte, anforderungsgemäße Leistungen beinhalten, den Verarbeitungs- und Ablageort Deutschland garantieren, wo jene Leistungen deutschen Gesetzen unterliegen und die Herausgabe von Daten des Kunden an Dritte ausschließen. Dann ist der Anbieter nicht gezwungen, seine Leistungen zu versilbern, indem Kundendaten gesammelt und an Dritte weitergegeben werden. Bei kostenlosen Angeboten sind Nutzer das Produkt und nicht der Kunde.
- Wichtig
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Falls bereits Daten in den Apps Kalender und Kontakte verwendet werden, sollten diese zunächst in eine Datei gespeichert werden. Export in eine .ics-Datei für Kalender-Einträge und Export in eine vCard-Datei (*.vcf) für Kontakte.
Wem diese Form der Verlagerung von Leistungen an einen Hosting-Provider widerstrebt, kann mit entsprechender Eigenleistung den Mail-Server sowie einen CalDAV- und CardDAV-Dienst in den eigenen vier Wänden auch selbst betreiben.
Dokumente, Daten
Was im Finder des Mac im Ordner Dokumente
abgelegt wird, ist auf dem iPhone in der App Dateien zu finden, wenn die Synchronisierung über die iCloud für Dokumente eingeschaltet ist.
Nicht zwingend nötig aber nützlich ist ein Rechner im Heimnetz, der anstelle der iCloud die eigenen Daten zentral speichert [1]. Mehrere Datenträger für Speicherung und Sicherung großer Datenmengen sind dort am einfachsten zu konfigurieren und zu betreiben.
Mit und ohne zentralen Rechner braucht es als Ersatz für die iCloud-Synchronisierung von Daten zwischen allen Geräten eine Lösung wie zum Beispiel Syncthing [2]. Die Open Source App gibt es für Mac, Linux und Android. Für iOS kann der Syncthing-Klon Möbius Sync [3] für einmalig 6 Euro Kaufpreis dienen.
Auf jedem Gerät installiert sorgen Syncthing und Möbius Sync im Zusammenspiel dafür, dass die eigenen Daten über alle Geräte hinweg synchron bleiben, ganz so, wie es mit der iCloud gemacht ist, nur eben ohne iCloud.
Notizen
Etwas spezieller ist die App Notizen von Apple, die nicht nur eine gelungene Mobilversion fürs iPhone mitbringt sondern standardmäßig ebenfalls über die iCloud ihre Inhalte zwischen Mac und iPhone synchronisiert. Notizdaten werden ohne Zutun des Benutzers von der App verwaltet und in einem speziellen Ordner im Dateisystem gespeichert, was bequem ist, aber mit sich bringt, dass man ohne die App Notizen nicht an die eigenen Notizen herankommt.
Wenn es auch besser wäre, nicht auf die Notizen App verzichten zu müssen, verbietet sich eine Duldung ihrer proprietären, restriktiven Form der Speicherung von Notizdaten.
Ein vollwertiger Ersatz der Notizen App ist die App Obsidian [4], die als Open Source Software auf Mac, iPhone und auch auf Linux läuft. Obsidian verwaltet Notizen in einem Ordner im Benutzerverzeichnis, einem sogenannten 'vault'. Jede Notiz ist einfach eine reine Textdatei im Markdown-Format [12] und kann somit auch von jedem beliebigen anderen Texteditor geöffnet, betrachtet und bearbeitet werden.
Obsidian beinhaltet eine Erweiterung zum Import von Notizen aus der Notizen App, die den Notizenbestand im Handumdrehen an Obsidian überträgt.
Der Vault-Ordner von Obisidian kann mit Syncthing und Möbius Sync wie jeder andere Ordner einfach in die Synchronisierung einbezogen werden. Auf diese Weise sind auch Notizen über alle Geräte hinweg stets synchron und die iCloud-Synchronisierung der Notizen App kann entfallen. Notizdaten sind zudem nicht an das proprietäre Datenformat der App Notizen gebunden und können mit beliebigen Programmen frei verwendet werden.
Tabellen, Text
Die Apps Numbers (Tabellenkalkulation) und Pages (Textverarbeitung) speichern ihre Dateien standardmäßig in eigenen Ordnern. Deren Ablageorte können einfach in Syncthing eingetragen werden, um die Dateien bei der Synchronisierung über Geräte hinweg ebenfalls zu berücksichtigen. Eine Alternative ist, die mit Numbers und Pages erstellten Dateien stattdessen im Dokumente-Ordner zu speichern, um die dort schon eingerichtete Synchronisation von Syncthing zu nutzen.
Um nicht von den Apple-Apps abhängig zu sein, ließe sich ansonsten auch Libre Office auf dem Mac installieren. Das gibt es aber nicht für iPhone und ist auch nicht nötig, weil Libre Office die Dateiformate von Numbers und Pages verarbeiten kann. So ist eine Verwendung von Texten und Tabellen des Mac z.B. auch mit Linux oder Windows möglich.
Fotos
Fotografien sind auf Mac und iPhone standardmäßig in der Fotos App gespeichert. Sie ist in erster Linie, aber nicht ausschließlich, für Bilder und Videos gedacht, die mit der iPhone-Kamera aufgenommen wurden. Die Inhalte der Fotos App lassen sich nicht in die Synchronisierung mit Syncthing einbeziehen. Sie sind zudem ähnlich wie bei der Notizen App in einem proprietären Format gespeichert, wodurch ein Zugriff auf die eigenen Fotos nur mit der Fotos App gelingt.
Es ist ein manuelles Vorgehen nötig, um Fotos von Zeit zu Zeit aus der Fotos App zu entnehmen. Jenes Verfahren unterscheidet sich darin, ob die iCloud-Synchronisierung beibehalten wird oder nicht.
Die iCloud-Synchronisierung für Fotos beizubehalten hat den Vorteil, dass die Fotos automatisch in die iCloud gesichert werden, während man mit dem iPhone unterwegs ist und eine passende Netzverbindung dies erlaubt. Fotos sind damit zudem auch in der Fotos App des Macs präsent.
Sollen Fotos garnicht erst in die iCloud wandern, kann die Synchronisierung in die iCloud für Fotos auch abgeschaltet werden. Dann sind mit dem iPhone gemachte Fotos auch nur auf dem iPhone gespeichert und würden bei Verlust des iPhone verloren sein.
Folgende Schritte sind erforderlich, um Fotos aus der Fotos App zu entnehmen.
Ohne iCloud-Synchronisierung
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Fotos in der Fotos App des iPhone markieren
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markierte Fotos via AirDrop auf den Mac übertragen
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übertragene Fotos aus der Fotos App des iPhone löschen
Mit iCloud-Synchronisierung
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Fotos in der Fotos App des Mac markieren
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Fotos exportieren
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exportierte Fotos aus der Fotos App des Mac löschen
Sind Fotos auf diese Weise aus der Fotos App ins Dateisystem des Mac übertragen, sollte mit weiteren Schritten für Archivierung und die Möglichkeit zur Betrachtung gesorgt werden.
Die Originaldateien sollten auf mindestens zwei verschiedenen Datenträgern separat archiviert sein. Damit Fotos auf dem Mac und dem iPhone nicht unnötig Speicherplatz belegen, sollten verkleinerte Kopien der Originaldateien angefertigt werden. Diese sollten auf dem Mac und dem iPhone in einer Ordnerstruktur gespeichert sein, die ein einfaches Auffinden untersützt, beispielsweise in nach Datum und Ereignis gegliederten Unterordnern.
Bearbeitung und Archivierung
Bearbeitung und Archivierung der Fotos erfordert die folgenden Schritte:
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exportierte Bilddateien mit sprechenden Namen versehen
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exportierte und umbenannte Bilddateien in Unterordner gruppieren nach Datum oder Ereignis
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gruppierte und umbenannte Bilddateien unter Beibehaltung der Ordnerstruktur auf die Datenträger des Archivs kopieren
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aus den gruppierten und umbenannten Bilddateien unter Beibehaltung der Ordnerstruktur verkleinerte Kopien erzeugen
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verkleinerte Dateien unter Beibehaltung der Ordnerstruktur in den synchronisierten Datenbestand des Mac verschieben
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originale Bilddateien auf dem Mac löschen
Das Umbenennen der Bilddateien erfordert nur zwei Befehle auf der Kommandozeile [13], wie es der Tipp 'Bilddateien sinnvoll bezeichnen' schildert [6]. Das Kommandozeilenprogramm Bildhelfer [7] verkleinert zudem ganze Ordnerstrukturen mit Bildern auf einmal. Wer dafür lieber eine grafische Bedienoberfläche nutzen möchte, kann beispielsweise GIMP [8] und die Erweiterung BIMP [9] verwenden.
Ist diese Ordnerstruktur entsprechend der obigen Schritte in einem Unterordner der Daten angelegt, die mit Syncthing synchronisiert werden, gelangen Bilder so auch wieder zurück aufs iPhone, allerdings dann in der deutlich verkleinerten Fassung, die bedeutend weniger Speicherplatz benötigt.
Mit der App Dateien können Fotos auf dem iPhone ebensogut angesehen und durchgeblättert werden wie mit der Fotos App. Auf dem Mac bietet der Finder ausreichende Funktionen zur Betrachtung sodass zum Betrachten und Durchsehen von Fotos sowohl auf dem Mac als auch auf dem iPhone auf die Fotos App verzichtet werden kann.
iCloud abklemmen
Sind alle Einstellungen abgeschlossen wie beschrieben, kann in den Systemeinstellungen des Mac und den Einstellungen des iPhone die iCloud-Synchronisierung ausgeschaltet werden. Dies muss für jede App (Kalender, Notizen, usw.) jeweils auf Mac und iPhone einzeln geschehen.
Dabei ist zu beachten, dass noch eine zusätzliche Rubrik mit Einstellungen zur iCloud existiert. Auch dort muss noch einmal App für App die iCloud-Synchronisierung deaktiviert werden.
Anschließend werden keine der zuvor beschriebenen Daten mehr an die iCloud übertragen.
Fazit
Hier betrachtete Maßnahmen für Mac und iPhone sind genauso mit anderen Geräte- und Systemkonstallationen nutzbar und also unabhängig von der eingesetzten Technik.
Mit der Umstellung auf offene und eigene Lösungen für die Datensynchronisierung muss nicht auf Funktionalität verzichtet werden, während die Kontrolle über die eigenen Daten gewahrt bleibt.
Verweise
[2] Syncthing
[3] Möbius Sync
[4] Obsidian
[7] Bildhelfer
[10] Wikipedia: CalDAV
[11] Wikipedia: CardDAV
[12] Wikipedia: Markdown
[14] Wikipedia: Domain