Fonitis

1. Juli 2019

 

fotoEs lässt sich aus dem Bild in der Öffentlichkeit nicht mehr wegdenken. Die Menschen sehen nur noch auf ihr Schlaufon. Nicht nur beispielsweise beim Fahren in Bahn oder Bus, dort wurde ja schon immer gern gelesen.

Das Gerät verlangt unsere pausenlose Aufmerksamkeit, Kurznachrichten dulden keinen Aufschub, es muss sofort reagiert werden, sonst bekommt man keine mehr, so zumindest scheint es. Dazu will buchstäblich laufend etwas nachgesehen werden, vieles wird beim Gehen erledigt.

Vollkomen aus der Mode geraten ist sich für derlei Zwecke kurz an den Rand zu stellen, immer den Blick stur nach unten aufs Telefon gerichtet einfach mitten durch die Menge pflügen. So geht der Mensch heute durchs Leben, der Rest der Welt darf gern zur Seite treten.

Wann wurde zuletzt jemand versonnen vor sich hin ins Leere blickend gesichtet? Das Denken nebst passendem Blick sind mit der Generation Eifon im Aussterben begriffen. Das sind die, die eine Parfümerie Douglas wegen ihres Webespruchs "come in and find out" für einen besonders gut riechenden Escape Room halten: "Kommen Sie 'rein und finden Sie wieder heraus". Die Perfektion der schlaufongestützten Innenraumnavigation wird vermutlich noch rechtzeitig verhinden, dass sich die Menschen demnächst drinnen verlaufen.

Mich fragte neulich jemand nach dem Weg zur Alten Oper. Im Park vor der Oper wohlgemerkt. Sie hatte das Veranstaltungshaus nicht als solches erkannt, wie es da unweit von unserem Standort in aller Pracht emporragte. Wahrscheinlich lud das Bild in Google Maps nicht schnell genug und selbst einen Rundblick nehmen ist im Orientierungsrepertoire in Zeiten von Augmented Reality nicht vorgesehen.

Was haben wir nur ohne unser Mobiltelefon gemacht, damals?





 

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